
Reha Werkstatt
- Ort: Wiesbaden
- Leistungsphasen: LPH 1-9
- Zeitraum: 2007-2012
- Kategorie: Soziale Einrichtungen
Ausgangspunkt war die Anfrage, auf dem Gelände der Reha-Werkstatt in Wiesbaden ein freigestelltes, kleineres Wohngebäude in den Grundrissen in Schulungsbereiche umzuwandeln.
Die Anforderungen beinhalteten größere Schulungsräume mit ungestörten Sichtachsen, die sich aufgrund des kleinteiligen Zweispänners mit mittigem Treppenhaus nicht in der erforderlichen Größe umsetzen ließen. Das bestehende Wohnhaus mit kleinen Wohneinheiten war in die Jahre gekommen und stark durch die Nutzer beansprucht, an verschiedenen Stellen gab es Feuchtschäden und Schimmelbefall.
Im Rahmen einer grundlegenden Analyse der Tätigkeiten, Abläufe und Bedürfnisse sowie der Transformation dieser Tätigkeitsfelder für die kommenden Jahre und der Entwicklung des Bedarfs, ergab sich ein völlig neues Anforderungsprofil.
Die Werkstatt für beeinträchtigte Menschen beschäftigt sich mit diversen und wechselnden Tätigkeiten. Ein großer Bereich sind industrielle Dienstleistungen sowie digitale Dienstleistungen wie die Digitalisierung von Unternehmensunterlagen und, nach Freigabe, deren Vernichtung unter Datenschutzanforderungen.
Ein weiterer Bereich ist die stetig wachsende Wäscherei für eigene Kundschaft aus Wohn- und Pflegeheimen sowie für Gewerbe- und Privatkunden.
Alle Bereiche wurden gemeinsam mit den Mitarbeiter:innen überplant, Warenwege, Logistikanforderungen und Lagerbedarf wurden erfasst und konsequent in den Entwurf übernommen.
Entstanden ist ein gestreckter Neubauriegel, der vollflächig unterkellert ist. Im Keller wurden Lagerflächen, Umkleiden und WC-Bereiche sowie die Haustechnik, u.a. die Wasseraufbereitung und -nachbereitung, untergebracht. Im Erdgeschoss, das über mehrere Zuwegungen barrierefrei erreichbar ist, wurden ein Ein- und Ausgangslager mit großem Sektionaltor sowie ausreichend Palettenstellplätze für die Vor- und Nachbereitung der täglichen logistischen An- und Ablieferungen installiert.
Die überwiegende Fläche wurde für die Wäscherei mit allen erforderlichen Bereichen sowie der Trennung zwischen Rein- und Unreinbereich strukturiert. Der Grundriss folgt dabei dem Verlauf der Tätigkeiten – von der Anlieferung der Schmutzwäsche bis zur Abholung und dem Abtransport der gereinigten, sortierten und gekennzeichneten Wäsche. Besonderheit: Hier wird nicht nur Flachwäsche, sondern auch persönliche Körperwäsche mit allen Bekleidungsteilen bearbeitet (vom Bettlaken bis zum Söckchen). Alle Kleidungsstücke werden professionell bearbeitet und ihrem Nutzer zurückgegeben.
Bei der energetischen Planung wurde stets auf optimale Verbrauchswerte geachtet, sowohl bei der Gebäudehülle, der Stromerzeugung als auch bei der Wärmerückgewinnung. In jedem Planungs- und Arbeitsschritt wurden höchste Anforderungen umgesetzt.
Im 1. Obergeschoss wurde die Druckerei mit hellen und wohnlichen Räumen untergebracht. Hier stehen den Bereichen vom Offset- bis Digitaldruck sowie der Druckvor- und Nachbearbeitung verschiedene Flächen zur Verfügung. Diese sind gut miteinander verbunden, aber zur Förderung konzentrierter Arbeit auch gut voneinander getrennt angeordnet.
Der Neubau wurde mit einer Überbauung der Zufahrtssituation an den Bestand angeschlossen. Dabei wurden alle Gebäudehöhen so aufeinander abgestimmt, dass allen Belangen der Anlieferung, Barrierefreiheit und den erforderlichen Raumhöhen (insbesondere für die Wäscherei) Rechnung getragen wurde. Die Konstruktion wurde trotz der erheblichen Verkehrslasten durch Maschinen und Material als Flachdecke mit Stützen ausgeführt. Dies hat den Vorteil, dass alle Medien, insbesondere in der Wäscherei, optimiert geführt und auch zu einem späteren Zeitpunkt verändert oder angepasst werden können, ohne dass Unterzüge gekreuzt oder umfahren werden müssen.
Nach Fertigstellung des Neubaus konnten Arbeits- und Bürobereiche umgezogen werden, wodurch im Bestand Flächen freigestellt wurden. Diese wurden anschließend vollständig saniert, neu strukturiert und den neuen sowie zukünftigen Arbeitsanforderungen angepasst.
Durch die Verwendung gleicher Materialien und Architekturelemente wurde – unter gleichzeitiger Wahrung von Gestaltungselementen des Ursprungsbaus – eine Gesamtliegenschaft mit vergleichbaren und hochwertigen Arbeits- und Pausenbereichen geschaffen.
Zur Vervollständigung des Raumprogramms wurde die Kantine mit einer Essensausgabe sowie einer Frischküche, die ebenfalls einen integrativen Arbeitsbereich darstellt, neugestaltet. Diese wurde durch eine Außenterrasse mit Außentreppe und barrierefreier Erreichbarkeit ergänzt.
In Summe ist ein Gesamtkomplex mit diversen Produktions-, Büro- und Arbeitsbereichen entstanden. Es gibt verschieden große Besprechungs- und Schulungsräume, die unternehmensübergreifend genutzt und damit gut ausgelastet werden.
Die Pausen- und Ruhebereiche wurden trotz der erheblichen Grundstücksausnutzung mit wertigen Außenbereichen ergänzt. Fahr- und Fußwege sind maximal möglich baulich voneinander getrennt.
Insgesamt arbeiten dort bis zu 300 Personen mit und ohne Beeinträchtigung, wobei die Art der Beeinträchtigung sehr unterschiedlich ist.
Stichworte:
Wäscherei, Druckerei, Produktionsflächen, Büro- und Verwaltung, Besprechungs- und Schulungsbereiche, Kantine, Essensausgabe, Frischküche, Aufwärmküche und Spülküche, Reinbereiche und Unreinbereich, Barrierefreiheit, Logistik
Kennzahlen:
– Mitarbeiter:innen vor Ort: ca. 260 Personen
– Wäschemenge pro Tag: bis 1 Tonne (Flachwäsche und persönliche Wäsche)
– Essensanzahl in der Kantine: ca. 220 Essen sowie Pausenverpflegung
– Warenumschlag: ca. 500 Europaletten im Monat